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Somms Memo Nr. 157 – Wer will noch Fleisch essen? Fast alle. Die Massentierhaltungsinitiative funktioniert nicht. – erschienen im Nebelspalter am 6.09.2022

Mit freundlicher Genehmigung von Herrn Markus Somm – Herzlichen Dank!


Somms Memo ist ein Produkt des Nebelspalters.
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Nr. 157, 6. September 2022, 930 Wörter, Lesezeit 6 Minuten

Schweizer Tierhaltung im Jahr 2022. (Bild: Bauernverband)

Guten Tag

Die Fakten: 1980 haben die Schweizer pro Kopf rund 64 kg Fleisch gegessen. 2020 waren es 47 kg. Tendenz seit Jahren: konstant um die 50 kg.

Warum das wichtig ist: Dass in der Schweiz trotzdem immer mehr Fleisch konsumiert wird, liegt an der Zuwanderung. Daran ändert die Massentierhaltungsinitiative nichts.

Wenn wir am 25. September über die sogenannte Massentierhaltung abstimmen – es handelt sich um eine linke Volksinitiative – dann werden viele an das Wohl der Tiere denken – und vielleicht ein Ja einlegen.

Tatsächlich sind die Schweizer wahre Tierfreunde – nicht nur ihr Büsi und ihr Struppi liegen ihnen am Herzen, sondern so gut wie jede Kreatur:

  • Wenn wir Strassen bauen, dann graben wir Tunnels für die Kröten und Frösche, damit sie ja nicht aus Versehen auf die Fahrbahn geraten

  • Flusskraftwerke werden nicht bewilligt – ohne dass man sie mit einer Fischtreppe versieht, die es den Fischen erlaubt, an den tödlichen Turbinen vorbei zu schwimmen

  • Wer ein Tier jagen will – und er besitzt durchaus das Jagdpatent – muss sich an Regeln halten, deren Umfang die Bedienungsanleitung für die Apollo-Rakete wohl übertrifft

Deshalb kennt die Schweiz auch eines der strengsten und wohl am entschlossensten vollzogenen Tierschutzgesetze der Welt. Könnten Tiere sagen, wo sie am liebsten leben möchten, dann wäre das wohl in der Schweiz.

Dennoch trifft zu, was die Promotoren der Massentierhaltungsinitiative feststellen:

  • in den vergangenen 20 Jahren stieg der Nutztierbestand ständig – nicht weil wir diese Tiere besonders liebten, sondern weil wir sie gerne verspeisen

  • und in einem einzigen Jahr wie 2021 wurden 80 Millionen Tiere geschlachtet, mit anderen Worten: für jeden einzelnen der 8,7 Millionen Einwohner der Schweiz starben fast zehn Tiere

Das klingt furchtbar – selbst wenn man im Kleingedruckten erfährt, dass 79 Millionen davon Hühner waren. Auch Hühner sind Lebewesen. Niemand traute sich heute mehr zu singen, was deutsche Schlagerstars vor der Epoche des Veganismus noch ganz ungeniert vortrugen:

«Ich wollt, ich wär ein Huhn
Ich hätt nicht viel zu tun
Ich legte täglich nur ein Ei
Und sonntags auch mal zwei»

Wenn wir die Entwicklung des Schweizer Fleischkonsums in den vergangenen Jahrzehnten betrachten, dann fallen zwei Dinge auf:

  1. Seit dem Zweiten Weltkrieg stieg der Verbrauch pro Kopf ständig, um im Jahr 1980 auf gut 64 kg zu kommen. Das war der Höchstwert. 1950 hatte ein durchschnittlicher Schweizer noch bloss 30 kg pro Jahr gegessen.

    Doch seit Mitte der 1990er Jahren fiel der Konsum auf etwa 50 kg;seit 2000 bewegte er sich stets in dieser Höhe. Das heisst: Lange bevor der Veganismus als kulinarisch-politische Mode aufkam, begannen die Schweizer, deutlich weniger Fleisch zu essen

  1. Trotzdem stieg der absolute Verbrauch von Fleisch im Land – und das liegt in erster Linie an der Zuwanderung. Seit 1990 ist die schweizerische Bevölkerung um rund zwei Millionen gewachsen. Die meisten sind zugezogen.

    Sie alle essen Fleisch, und da es sich dabei oft um Leute aus «ärmeren» Ländern handelt (im Vergleich zur Schweiz sind fast alle Länder ärmer), sind es auch Leute, die mehr auf den Preis achten, wenn sie Fleisch einkaufen. Seit 2016 setzten Discounter wie Aldi, Lidl und Denner deshalb laufend mehr Fleisch ab, während die Verkaufsmengen bei Migros, Coop und herkömmlichen Metzgereien weniger zulegten

Kurz, die Zuwanderung führt dazu, dass wir immer mehr Tiere schlachten. Gleichzeitig – ob kausal damit verbunden oder nicht – hat die Nachfrage nach billigem Fleisch angezogen, was immer auch bedeutet, dass diese Tiere, deren Fleisch in den Handel kommt, vermutlich kein schönes Leben hatten, bevor sie geschlachtet wurden. Allein eine «effiziente», oft brutale Tierhaltung erlaubt es, so preisgünstig zu produzieren.

Daran ändert die Massentierhaltungsinitiative natürlich nichts. Ja, würde sie angenommen, verschärften sich die Probleme, welche die Initianten eigentlich lösen wollten. Den Tieren könnte nichts Schlimmeres widerfahren.

Eine wissenschaftliche Studie der Fachhochschule Nordwestschweiz, die der Bauernverband in Auftrag gegeben hat, kommt zum Schluss, dass sehr viele Schweizer Bauern aus der Tierproduktion aussteigen würden – weil die weitreichenden Auflagen der Initiative ihr Geschäft dermassen verteuerten, dass es sich nicht mehr lohnte.

Selbstverständlich ist der Bauernverband Partei, doch die Studie entstand unter Leitung von Mathias Binswanger, einem liberalen Ökonomen, der für seine Unabhängigkeit bekannt ist. Soviel ich weiss, hat niemand seinen Befund in Frage gestellt.

Wenn aber die Schweizer Bauern aufhören, Fleisch herzustellen, dann folgt daraus nicht,

  • dass wir Schweizer deswegen vermehrt auf Fleisch verzichten – wie sich die Tierschützer das insgeheim wohl erhoffen

  • Stattdessen würden wir einfach mehr Fleisch importieren

Zwar verlangt die Initiative, dass auch dieses ausländische Fleisch die neuen schweizerischen Normen erfüllen müsste, was den Preis ebenfalls in die Höhe triebe.

Doch uns Konsumenten wäre es ein Leichtes auszuweichen: Wir würden nach Konstanz, Bregenz oder Lörrach fahren, und uns dort mit billigem deutschen, wenn nicht polnischem Fleisch eindecken, das oft aus Betrieben stammt, wo man das harte schweizerische Tierschutzgesetz nicht einmal vom Hörensagen kennt.

Nur die dümmsten Kälber wählen ihren Metzger selber, heisst es.

Da die Kälber dazu streng genommen nicht in der Lage sind, wählen jene für sie, die vorgeben, die Kälber zu schützen: Die Tierschützer – so dass das Sprichwort nun lautet:

Nur die dümmsten Tierschützer wählen ein Mittel, das genau das Gegenteil dessen bewirkt, was sie sich erwünschen. Was haben die Metzger gelacht.

Hühner die vermutlich nicht wissen, wie gut sie es haben.

Oder um es mit der Weisheit des deutschen Schlagers zu sagen:

«Ich wollt, ich wär ein Huhn
Ich hätt nicht viel zu tun
Mich lockte auf der Welt
Kein Ruhm mehr und kein Geld
Ich brauchte nie mehr ins Büro
Und du wärst dämlich, aber froh.»

Ich wünsche Ihnen einen wunderbaren Tag
Markus Somm

P.S. Die Studie ist hier erhältlich.

Das Luxusproblem der Nagra

Von Alex Reichmuth

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